Rede unseres Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2023
Trafitionell wird vor dem Beschließen des Gemeindehaushalts von jeder Fraktion ein Statement zu ihrer persönlichen Einschätzung des Entwurfes abgegeben. Unser Fraktionsvorsitzende Hermann Capelle stellte heraus, was uns ganz gut gefällt, aber auch, wo wir noch Verbeseserungsbedarf für die Zukunft sehen.
Rede zum Haushalt 2023
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren!
Wie glücklich wir uns schätzen können, in Frieden Haushaltsberatungen führen zu dürfen, war uns allen im letzten Jahr um diese Zeit noch gar nicht bewusst. Außenpolitisch vom russischen Angriffskrieg wachgerüttelt und durch dessen wirtschaftliche Folgen verunsichert, innenpolitisch durch die langjährige, zähe Pandemiezeit ermüdet, kann man sich wirklich entspanntere Szenarien für gesellschaftliches Engagement ausmalen. Umso mehr möchte ich im Namen meiner Fraktion allen danken, die für unsere Gemeinde arbeiten: allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, dem Bürgermeister und auch allen ehrenamtlichen Ratsfrauen und -herren.
Die CDU-Fraktion hat sich intensiv mit dem heute zur Verabschiedung anstehenden Haushalt für 2023 beschäftigt. Die wie üblich sehr gute Arbeit des Fachbereichs Finanzen unter Leitung von Frau Löding und die Kommunikation mit der Verwaltung insgesamt hat uns die Einarbeitung in das Zahlenmonster leichtgemacht.
„Gemeinde Friedland – hier möchte ich leben!?“ Ja, Herr Bürgermeister, sehr gern!
Aber nicht nur das. Als CDU-Fraktion möchten wir uns vielmehr aktiv für die positive Entwicklung unserer Gemeinde stark machen. Ein gesundes Fundament finden wir mit dem Haushaltsplan 2023 vor: Wir bringen einen Haushalt ein, der im Ergebnis eine halbe Million Euro im Plus liegt. Das ist großartig. Wir begrüßen auch den niedrigen Schuldenstand und die vernünftige Entscheidung zur Schuldentilgung in großem Umfang. Die Ergebnisrücklagen der Gemeinde Friedland lassen uns ruhig schlafen.
Noch.
Was kommt auf die Gemeinde Friedland zu? Das Schreckgespenst Zensus lauert am Horizont, wir werden erneut massive Ertragseinbußen hinnehmen müssen. Die künftigen finanziellen Herausforderungen infolge des Kriegs in der Ukraine sind nicht absehbar. Deutschland bewegt sich nach jüngsten Einschätzungen unverändert am Rand zur Rezession, die Lohn-Preis-Spirale wird die kommunalen Haushalte stark belasten.
Die Gemeinde Friedland verfügt nur über eine geringe eigene Steuerkraft, die Finanz- und Ertragslage wird so stark von der Entwicklung der FAG-Mittel bestimmt wird wie bei keiner anderen Kommune weit und breit. Es sind die Transfereinnahmen, die es uns in der Vergangenheit ermöglicht haben, ein breites Angebot freiwilliger Leistungen anzubieten. Beispielhaft sei hier nur der kostenlose Fahrdienst der Kinder zu und von den Kindertagesstätten genannt. Derartige Leistungen, gerade im sozialen Bereich, wollen wir natürlich so lange wie möglich aufrechterhalten. Auszahlungen für Bildung und Erziehung sind Investitionen in unsere Zukunft.
Als CDU-Fraktion wollen wir darüber hinaus die Digitalisierung in unserer Gemeinde voranbringen. Der Rat der Gemeinde Friedland hatte sich ja bereits dafür ausgesprochen, mit dem Projekt Digitale Dörfer erste Schritte in diese Richtung zu unternehmen, nämlich die Vernetzung der Bürgerinnen und Bürger untereinander. Mit der Erweiterung des Pakets um das Softwaremodul „LösBar“ möchten wir darüber hinaus einen direkten Draht zur Verwaltung legen, um Anliegen aus der Einwohnerschaft schnell und zielführend an die richtige Stelle zu bringen.
Auch das Thema der öffentlichen Gesundheitsvorsorge haben wir uns auf die Fahnen geschrieben. Als erste Maßnahme findet sich auf Initiative der CDU-Fraktion im vorliegenden Haushaltsentwurf ein Planansatz über 25.000 Euro investive Auszahlungen für die Anschaffung von Laien-Defibrillatoren. Jede Ortschaft soll an zentral gelegenen Stellen einen dieser potentiell lebensrettenden Helfer, die im Notfall auch von ungeschulten Ersthelferinnen und -helfern bedient werden können, erhalten.
Diese Projekte erachten wir als wichtig und zukunftsweisend. Die damit verbundenen Kosten sind aus unserer Sicht gut angelegtes Geld – in unsere Sicherheit und Zukunftsfähigkeit.
Bei alledem muss immer wieder betont werden: Die Gemeinde Friedland steuert auf finanziell herausfordernde Jahre zu! Umso wichtiger wird es sein, die zur Verfügung stehenden Gelder effizient einzusetzen. Anders als in der freien Marktwirtschaft gilt in der öffentlichen Haushaltswirtschaft das Minimalprinzip: Mit dem geringsten Mitteleinsatz soll der gewünschte Erfolg erzielt werden.
Aber welchen Erfolg wünschen wir uns denn? Sicherlich möchten wir alle in Friedland gut und gern leben. Dieses Ziel ist aber nicht in jeder Hinsicht „SMART“: es ist weder spezifisch, noch messbar, zwar angemessen und relevant, aber nicht terminiert. Nur wenn ein Ziel die SMART-Kriterien erfüllt, ist Klarheit, Messbarkeit und Überprüfbarkeit des Ziels gegeben.
Mit Einführung des Neuen Steuerungsmodells im Jahr 2011 erging die Verpflichtung an alle Kommunen in Niedersachsen, ein wirkungsvolles Controlling einzuführen, um den Einsatz öffentlicher Gelder zielgerichtet steuern und wirkungsvoll überwachen zu können.
Die Gemeinde Friedland hinkt diesbezüglich beträchtlich hinterher. Als CDU-Fraktion haben wir auf diesen Missstand im Zuge der letztjährigen Haushaltsberatungen klar hingewiesen. So hat es uns auch nicht überrascht, dass das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Göttingen in seinem Prüfbericht über den Jahresabschluss 2020 festhielt:
„Die im Haushalt 2020 festgelegten Ziele sind nicht nur nicht messbar, sondern auch zum Teil weder bedeutsam noch terminiert. Die Beschreibung der Aufgaben als Ziele … oder der Verweis auf gesetzliche Vorgaben … erfüllen nicht die Anforderungen an eine output- und ergebnisorientierte Steuerung.“
Soll es wirklich unser Anspruch sein, lediglich gesetzliche Vorgaben zu erfüllen oder gemeinschaftliche Liegenschaften bloß zu erhalten? Das kann es doch aus unserer Sicht nicht sein! Die Gemeinde Friedland muss sich dringend eine politische Gesamtstrategie geben, die messbare Oberziele definiert. Erst dann kann auch eine Budgetierung auf Ebene der Fachdienste funktionieren.
Die inzwischen sieben Jahre alte Budgetierungsrichtlinie hat in der Zwischenzeit vermutlich - links liegen gelassen - Staub angesetzt und wurde bewusst ignoriert, die für das Jahr 2022 zugesagte Kosten- und Leistungsrechnung fristet offenkundig ein Schattendasein. Von einer fundierten mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung kann auch nicht die Rede sein. Herr Bürgermeister, wir wissen: Sie waren von Anfang an kein Freund des Neuen Kommunalen Rechnungswesens. Aber es hält mächtige Werkzeuge bereit, die wir gut gebrauchen können. Dass uns als Ehrenamtliche diese Werkzeuge nicht zur Verfügung stehen, monieren wir seit Jahren.
Zugegeben: Das Thema kommunale Finanzwirtschaft reißt niemanden vom Hocker, ein Wahlkampfschlager oder Stimmungsfänger ist es erst recht nicht; die regelmäßig verwaisten Zuschauersitze in den Finanzausschusssitzungen belegen das eindrücklich. Und doch ist die Bedeutung einer guten kommunalen Finanzwirtschaft für unsere kleine Gemeinde nicht hoch genug zu hängen.
Darum nochmals unser Appell an alle anderen Fraktionen und insbesondere auch an den Bürgermeister, denn ohne Sie und das Know-How der Verwaltung funktioniert es nicht: Nehmen Sie unser Angebot an, gemeinsam ein effektives Controlling für Friedland aufzubauen. Herr Dr. Bause regte vor über einem Jahr an, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die sich dieses Themas annehmen soll. Ich bat die Verwaltung, einen baldigen Termin mit den Fraktionsvorsitzenden für ein erstes Treffen abzusprechen bzw. es wurde angeregt, dass der Ausschuss selbstständig eine Arbeitsgruppe bildet. Nun ist bereits ein Jahr vergangen, ohne dass auch nur ein einziges Treffen stattgefunden hat. Das müssen sich alle Fraktionen, auch wir uns, vorhalten lassen. Die Fraktion der CDU im Gemeinderat wird nun proaktiv im Frühjahr zu einem ersten Treffen einladen. Noch ein weiteres Jahr ohne Treffen und konstruktiver Arbeit darf nicht vergehen, damit wir für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet sind und sehr bald miteinander behaupten können:
Gemeinde Friedland – hier kann ich zielsicher was bewegen!
Dem Haushalt für 2023 wird die CDU-Fraktion zustimmen. Wenn er auch in der Langfrist Lücken aufweist, schafft er uns als Gemeinde eine ordentliche Basis, für das laufende Jahr vernünftig und im Sinne unserer Einwohnerinnen und Einwohner zu wirtschaften.
Vorgetragen im Gemeinderat am 02.02.2023